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Mareike Bernien & Alex Gerbaulet

Ghostly Extractions 

Von 1946 bis 1990 baute die SAG Wismut in Sachsen und Thüringen Uran für das Atomwaffenprogramm der UdSSR ab. Oben strahlt der Sozialismus in die Zukunft, aus der aufgerissenen Erde strahlt ein uraltes Gestein. Wie sucht es die Landschaft heim? Welche Biografien umlagern seine Ausgrabung? Wie verbindet es sich mit dem Geist des Sozialismus? Wie strahlt es in seinen Aufzeichnungsmedien nach? Unser filmisches Forschungsprojekt „Ghostly Extractions“ unternimmt Tiefenbohrungen durch Raum und Zeit, um den sedimentierten Narrativen nachzuspüren, die das Element Uran materiell, metaphorisch und geo-politisch umgeben. Ausgehend von der Landkarte ehemaliger Abbaugebiete wird das Motiv der radioaktiven Zerfallsreihe von Uran über Wismut zu Blei mit dem Zerfall des DDR-Sozialismus, der Zersetzung seiner Opposition, der Strahlkraft einer neuen Rechten sowie mit landschaftlichen Wiederbelebungsversuchen verbunden. Wie sieht die Umwelt Ostdeutschlands heute aus? Was wirkt von der DDR und dem Atomzeitalter nach? Das Projekt bewegt sich horizontal in den heutigen von Abbau und Sanierung geprägten Landschaften sowie vertikal durch den Boden als Archiv. Es entspinnt sich ein weit verzweigtes Netz aus materieller Analyse, akustisch-visueller Bestandsaufnahme, körperlichen Interventionen sowie psychogeografischen Untersuchungen der ökologisch wie politisch verstrahlten Landschaften.

Wir nehmen eine Perspektive ein, die filmisch forschend und erzählerisch von der Peripherie und des Widerstands her auf Risse, Abgründe und Geister dieser Geschichte blickt. Eine Perspektive, die das Element Uran als transformative Figur aufruft, um sie gegen die Trennung von Natur und Kultivierung, Reinheit und Kontamination sowie Gegenwart versus abgeschlossene Vergangenheit ins Feld zu führen. Dabei begegnen wir auch immer wieder der Frage nach dem Zusammenhang von Radioaktivität und Bildproduktion. Wie lässt sich das Nicht-Sichtbare ins Bild bringen, hörbar oder spürbar machen?

Mareike Bernien und Alex Gerbaulet leben und arbeiten als Künstlerinnen und Filmemacherinnen in Berlin. Ihren Arbeitsweisen ist gemeinsam, dass sie häufig von Objekten oder Orten ausgehen und sich für die darin lagernden gesellschaftspolitischen Formationen und Konflikte interessieren. Das kann zu einer bio-fiktionalen Auseinandersetzung mit der Geschichte einer deutschen Industriestadt führen wie im Cine-Poem „Schicht“ (2015) von Alex Gerbaulet oder zu einer medienarchäologischen Untersuchung des Farbfilmmaterials der Agfa im Nationalsozialismus wie in „Rainbow’s Gravity“ (2014) von Mareike Bernien und Kerstin Schroedinger. Seit 2015 sind verschiedene gemeinsame Projekte entstanden, wie der Kurzfilm „Tiefenschärfe“ (2017) oder das Film- und Webprojekt „Spots“ (2017). Zudem sind sie seit einigen Jahren Teil der Produktionsplattform pong film in Berlin.