Anna Zett & Hermann Heisig
Wie wird Wissen um historische Transformation zwischen Menschen aufbewahrt, verwirklicht und verändert? Welche narrativen, emotionalen und habituellen Spuren hat die DDR und das, was danach kam, in meinem Körper hinterlassen?
Unter dem Arbeitstitel RESONANZ entwickeln die Künstlerin und Autorin Anna Zett und der Choreograph Hermann Heisig ein Improvisationsformat für kleinere und größere Gruppen. Persönliche, historische und spekulative Assoziationen zum ehemaligen deutschen Staat DDR, wo die Initiator:innen in den 1980er Jahren aufgewachsen sind, werden auf verbaler und non-verbaler Ebene gemeinsam aktiviert.
Räumlicher Rahmen ist ein 25 m2 großen Spielfeld, das sich in Zusammenarbeit mit der Designkollaboration wkc kontinuierlich weiterentwickelt. Hier werden die Spielpositionen Frage, Erzählung, Aufzeichnung und Gestaltung durch vier verschiedene Stühle verkörpert, mittels derer die Mitspielenden simplen Spielregeln folgend immer wieder die Rollen wechseln. Auch das Draußen ist eine aktive Spielposition, die es den dort Anwesenden ermöglicht, sich jederzeit (wieder) auf konkrete Positionen im Spielfeld einzuwechseln.
Im Wechselspiel von dialogischer Auseinandersetzung und physischer Improvisation erforscht die Gruppe postsozialistische Erinnerung als unabgeschlossenen Prozess. Ziel ist es, mittels persönlichem Dialog, freier Assoziation und körperlicher Erfahrung dem ideologisch überladenen Ostdeutschland-Diskurs neue Imaginationsräume zu öffnen. In kleineren Gruppentreffen sowie öffentlichen Versammlungen kommen Performer:innen und Laien unterschiedlicher Milieus und Generationen miteinander in Kontakt und erfahren Geschichtsschreibung als einen körperlichen, verbalen und emotionalen Gruppenprozess, auf den jede:r Einzelne Einfluss nimmt und für deren Verlauf alle Beteiligten gemeinsam die Verantwortung tragen.
Herzlichen Dank an Anna Stiede, David Polzin, Jule Flierl, Kristof Trakal, Lydia Lierke, Maru Mushtrieva, Minh Duc Pham, Monika Zimmering, Philipp Goll, Ulrike Flämig und Ute Waldhausen für die performative Co-Recherche im Rahmen von RESONANZ Gruppe (to be continued)
Anna Zett ist Künstlerin, Autorin und Regisseurin von Film und Hörspiel. Im Zentrum ihrer zeitbasierten Praxis steht die Gegenwartsbewältigung durch Sprache, Kontakt und Bewegung, in Beschäftigung mit historischer Sinnerzeugung als einem körperlichen Vorgang. Parallel zur ihrem theoretischem Studium (Philosophie, Gender Studies, Ethnologie u.a.) kam sie zum Filmemachen und positionierte sich mit ihrem ersten längeren Film THIS UNWIELDY OBJECT (‚A Modern Research Drama‘, 2014) an der Schnittstelle von Forschung und Fiktion. In Performance & Hörspiel liegt ihr Schwerpunkt auf partizipativen Formaten, welche mal stärker immersiv, mal stärker dialogisch sind. Mit einer Recherche im Robert-Havemann-Archiv rückte die Ostperspektive in den letzten 2 Jahren thematisch in den Vordergrund. In ihrem ersten Buch ARTIFICIAL GUT FEELING (Divided Publishing, 2019) adressiert Anna Zett non-verbale politische Konflikte auf der Suche nach einer post-sozialistischen Subjektivität.
www.annazett.net
Hermann Heisig wurde in Leipzig geboren, wo er sich ende der 90er Jahre für zeitgenössischen Tanz zu interessieren begann und zahlreiche autodidaktisch entstandene Solo-Performances in Galerien und Clubs aufführte. Nach seiner Ausbildung in Berlin und Montpellier arbeitete er u.a. als Tänzer und Performer für Martine Pisani, Meg Stuart/Damaged Goods, Pieter Ampe, Thomas Lehmen, Begum Erciyas, Julian Weber und Corinna Harfouch.Innerhalb seiner Choreografien entwickelt Hermann Heisig ein eigenwilliges Bewegungsvokabular, das sich Effizienz widersetzt und aus Elementen des Kontrollverlustes Funken schlägt. Im Zentrum stehen dabei Reibungseffekte, die Körper in sich, miteinander und im Kontakt zu ihrer Umwelt produzieren.2018 entwickelte er an der Residenz des Schauspiel Leipzig ´slave to the rhythm´, eine freie Interpretation rhythmisch -musikalischer Gymnastik nach Emile Jaques-Dalcroze. 2019 entstand daraus die Solo-Choreografie ´singing machine´.